Transcribed Shorthand

Versammlungsprotokoll, 29. Dezember 1932 (Meeting Transcript, December 29, 1932)

EA 35

Additional Information
Author Eberhard Arnold
Date December 29, 1932
Document Id 20126109_14_S
Available Transcriptions English German

Meeting Transcript, December 29, 1932

[Arnold, Eberhard and Emmy papers - T.S.H.]

[Draft Translation by Bruderhof Historical Archive]

EA 35

The Meaning of Eintracht:

The outer must completely agree with the inner

(Brotherhood meeting, morning of December 29, 1932)

The meeting on December 28, 1932 did not result in a decision, as far as our orders and costume are concerned. That was because the spirit of unity has not as yet prevailed in the question of our dress, as we saw in today's and yesterday's discussions. We hope and expect that by the end of these meetings, that is, around the New Year, we will have coped with this important subject, too. It did become clear, though, that we are striving for a uniform costume as such. The Brotherhood expressed that repeatedly, and some steps have already been taken in that direction.

In wanting to witness to unity the Brothers go back to the original meaning of the word Eintracht. In present day usage the word stands for an inner attitude of mutual understanding and concord. But the root meaning of Eintracht is uniformity in dress, in the way people wear their hair and beards, and in their whole deportment. Now what the Brothers see as the secret of true unity and justice is that inner harmony has to be expressed in a uniform lifestyle and dress. They go so far as to say that lack of uniformity in these outer things proves there is a lack of unity in men's spirit and attitude. The same applies to community of goods and the administration of economic matters in the church. As the Brothers say: If we have community in spiritual things, we have it also in temporal things; not to have community in temporal matters shows we have no true community in inner matters. Or, to put it even more concisely: The outer must completely agree with the inner. If unity is the meaning of our inner life, that unity must be recognizable in our dress and lifestyle.

When thinking about introducing a united costume, we should see to it that in these meetings "between the years" [annual meetings held between Christmas and New Year] we come to an agreement on the successive steps to be taken, bearing in mind that we cannot do everything at once but will have to go forward step by step.

[Hans Boller, Lene, and Irmgard made statements with reference to the costume.]

Through the influence of Soren Kierkegaard a strong aversion to the aesthetic has been awakened among people like us, who are called to the radicalism of Jesus. This is right insofar as there are people so strongly dominated by the aesthetic that their ethical responsibility is dwarfed in comparison. We do not recognize a distinction between an aesthetic and an ethical way of living any more than between a spiritual and an economically oriented attitude to life. For Soren Kierkegaard, as for his successor Karl Barth, economic affairs, too, are basically excluded from Christianity. We do not share that point of view. Rather we say that all these apparent distinctions as well as the underlying principal distinction that between spirit and matter are done away with by Christ through the kingdom of God. The prophets, Jesus Christ, and the apostles do not scorn the beauty of this creation or of that to come but see it from a new viewpoint, that of oneness, unity, and perfection. The whole symbolism of beauty in the seven stars, the seven lamps, the throne of God with its rolling thunders [Rev. 4], the wonderful emergence of the sublime, eternal city of God at the end of Revelation, and in many other symbols always points to the one and only meaning: unity, simplicity, and perfection. When we understand the aesthetic as love for the symbol, the symbol that expresses unity, simplicity, and perfection, we are bound to be aesthetically as well as socially minded. Consequently what we are concerned with is not a question of style (in the sense of this or that person's feeling for beauty) but rather a conviction that in all our forms and our whole style of living, including our costume, God's ultimate will should be expressed and the ultimate meaning of our calling should take form. Those whose eyes are opened should be enabled to recognize our cause by the beautiful simplicity and uniformity they find here. It must be recognizable, too, in our architecture, the appearance of our rooms, and in everything that goes on and takes shape.

[The meeting closed at 11:30 a.m.]

Taken down by Hella and signed by

Versammlungsprotokoll, 29. Dezember 1932

[Arnold, Eberhard and Emmy papers - T.S.H.]

EA 35

Bruderschaftssitzung am 29. Dezember 1932 (Arbeitstagung) vormittags

Beginn: 9 Uhr 40 Min

Eintracht u Einheitstracht / Ästhetik als Liebe zum Symbol

Die Sitzung vom 28. Dezember 1932 wird, soweit es sich um die Ordnungen und um die Tracht handelt, nicht zur Beschlussfassung zu Ende geführt, da der Tracht gegenüber sich der Einheitsgeist der Gemeinde noch nicht durchgesetzt hat, wie der heutige und gestrige Verlauf der Aussprache gezeigt hat. Es wird gehofft und erwartet, dass am Ende der Tagung, also etwa um die Sylvester- und Neujahrszeit auch dieser wichtige Gegenstand bewältigt werden kann.

Es hat sich aber herausgestellt, dass die einheitliche Tracht als solche angestrebt wird und die Bruderschaft sich wiederholt dazu positiv geäußert hat, und dass schon mancher Schritt nach der Einheitstracht hin getan worden ist.

Die Brüder gehen in ihrem Willen zur Ein-Tracht auf den ursprünglichen Sinn des Wortes Eintracht zurück. Eintracht ist im heutigen Sprachgebrauch eine Sache der Gesinnung und des inneren Sich-Verstehens und Sich-Vereinigens. Eintracht ist aber der Wurzel nach die Einheitstracht der Kleidung und des Haar- und Bartwuchses und des ganzen Gehabens der Menschen. Nun sehen die Brüder das Geheimnis wahrer Eintracht und Gerechtigkeit darin, dass die Eintracht der Gesinnung ihren notwendigen Ausdruck in der Eintracht der Lebenshaltung und der Kleidung finden muss. Sie gehen darin so weit, dass sie sagen, wenn es nicht zur Eintracht in der Lebenshaltung und Kleidung kommt, so ist damit bewiesen, dass es an der Eintracht in der Gesinnung und im Geiste fehlt. Es handelt sich also hier um dieselbe Frage wie bei der Frage der Gütergemeinschaft und ökonomischen Einheitsverwaltung der Gemeinde – wie die Brüder sagen: wenn wir in geistlichen Dingen Gemeinschaft haben, so haben wir auch in den zeitlichen Dingen Gemeinschaft, und wenn wir nicht in den zeitlichen Dingen Gemeinschaft haben, so ist damit

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erwiesen, dass wir in den geistlichen Dingen nicht wahrhaftige Gemeinschaft haben. Oder noch kürzer zusammengefasst: das Äußere muss dem inneren vollständig entsprechen. Ist die Einheit der Sinn unseres inneren Lebens, dann muss auch die Einheitstracht in unserem äußeren Leben erkennbar sein.

Für die Frage der Einführung der Ein-Tracht ist zu beachten, dass wir bei der diesjährigen Arbeitstagung zwischen den Jahren schließlich zu einer Reihenfolge der einzuleitenden Unternehmungen kommen, indem wir uns klar machen, dass nicht alle Schritte zugleich getan werden können, sondern, dass man den Weg so verfolgen muss, dass ein Schritt nach dem anderen gesetzt werden muss.

Es werden Hans Boller, Lene und Irmgard Erklärungen in Beziehung auf die Tracht abgegeben.

Durch Sören Kierkegaard ist gerade in unseren Kreisen, die wir zu dem Radikalismus Jesu aufgerufen sind, eine starke Abneigung gegen das Ästhetische geweckt worden und zwar insofern mit Recht, als es Menschen gibt, die sich derartig vom Ästhetischen leiten lassen, dass ihre ethische Verantwortung demgegenüber bedeutungslos wird. Wir erkennen einen Unterschied zwischen einer ästhetischen und einer ethischen Lebenshaltung nicht an, eben so wenig, wie wir einen Unterschied zwischen einer geistigen und einer wirtschaftlichen Lebenshaltung anerkennen. Für Sören Kierkegaard, ebenso wie für seinen Nachfolger Karl Barth ist ja im Grunde auch das Wirtschaftliche ausgeschaltet vom Christentum. Diesen Standpunkt teilen wir nicht, sondern wir sagen, dass all diese Scheinunterschiede wie der ihnen zu Grunde liegende Hauptunterschied zwischen Geist und Stoff von Christus aufgehoben sind durch das Reich Gottes. Und die Schönheit der Schöpfung und der kommenden Schöpfung wird von den Propheten,

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von Jesus Christus und von den Aposteln nicht verachtet. Aber diese Schönheit wird in einer neuen Schau gesehen, in der Schau des Einheitlichen, des Einigen und des Vollkommenen. Alle Symbolik der Schönheit in den sieben Sternen und sieben Leuchtern und in dem rollenden Thronwagen Gottes und in dem wunderbaren Aufbau der vollendeten ewigen Stadt Gottes am Ende der Offenbarung, und in sehr vielen anderen Symbolen geht immer auf den einen einzigen Sinn der Einheit, der Einheitlichkeit, der Einfachheit und der Vollkommenheit hin. Wenn wir das Ästhetische so fassen, dass es eine Liebe zu dem Symbol wird, dem Symbol, in welchem die Einheit, Einheitlichkeit, Einfachheit und Vollkommenheit zum Ausdruck kommt, dann müssen wir ebenso ästhetisch wie sozial sein. Folglich ist es nicht eine Stilfrage im Sinne eines beliebigen Schönheitsgefühls, sondern es ist vielmehr die Überzeugung, dass in all unserer Form und Formung, in unserer gesamten Lebensgestaltung und so auch in unserer Tracht der letzte Sinn Gottes zum Ausdruck kommen soll, der letzte Sinn unserer Berufung gestaltet werden soll, dass hier an dieser Schönheit der Einfachheit und Einheitlichkeit die Sache erkannt werden kann, von denen, die geöffnete Augen haben. Das muss auch in Architektur, Stubenbild und allem, was geschieht und geformt wird, ersehen werden.

Schluss der Sitzung ½ 12 Uhr.

(Aufgenommen: Hella)

[signed] Eberhard Arnold

Hans Zumpe

Hans Boller