Transcribed Shorthand

Versammlungsprotokoll, 13. Oktober 1934 (Meeting Transcript, October 13, 1934)

EA 34/57

Additional Information
Author Eberhard Arnold
Date October 13, 1934
Document Id 0000000115_11_S
Available Transcriptions German

Versammlungsprotokoll, 13. Oktober 1934

[Arnold, Eberhard and Emmy papers - T.S.H.]

EA 34/57

Rhönbruderhof 13. Okt. 1934.

Nach dem Abendessen.

Eugen Lenz: Es ist bald 2 Jahre her, dass ich mit euch in Verbindung stand. Ich hatte Sehnsucht. Ich wollte schon 1931 kommen. Da kamen geschäftliche Sachen dazwischen. Dann kam ich nach Hamburg zurück.. .. Fiel etwas rein und wollte aufräumen, versuchte einen Abschluss zu finden. Bin etwas hängen geblieben, sodass ich wieder nach Hamburg muss. Am 30. September bin ich über den Bückeberg (gekommen) ich schlich mich heran. Ich traute mich nicht recht und kam bis Kassel. Da schrieb ich eine Karte, dass ich käme. Ich wusste, dass ich hin musste. Aber es war ein grosser Schritt, den ich tun musste, aus der einen Welt in die andere. In Fulda habe ich auch noch mal Station gemacht, aber nur zwei Stunden. In Neuhof war es immer noch nicht entschieden. Ich kämpfte dauernd für diesen Weg.

Nun bin ich 8 Tage hier, und ich muss sagen, dass ich mich ziemlich heimisch gefühlt habe. Ich merkte schon gestern, als ich mal in Eichenried war, dass ich hierher gebunden bin. So möchte ich auch hoffend annehmen, dass ich sobald wie möglich wieder hierher komme. Ich denke, dass es in 8-14 Tagen erledigt sein wird.

Es war doch ein schroffer Abbruch aus dem anderen Leben. Die Gemeinschaft bin ich nicht gewöhnt. In den Alleinsein bin ich sehr mit meiner Erkenntnis weiter gekommen.

- - -

Eberhard : Es war mir wichtig, wie das auf dich wirkt, die andere Lebensweise , die andere Arbeit, die Gemeinschaft. Wie empfindest du denn den Gegensatz zu dem üblichen Leben?

Eugen: Anfangs war es etwas ungewohnt. Es ist ein ziemlicher Unterschied, schon mit der Verpflegung. - Bei uns zu Hause gab es nur Menschen in der Gemeinde. Wir kannten keine Klassenkämpfe. Das war mir etwas neues, als ich auf die Universität kam. Das Brüderliche ist sehr schön, besonders die Unterhaltungen und Aussprachen. Darf die Arbeit noch so schwer sein... man merkt, dass man auf einem Wege geht, vor allem diese ruhige Atmosphäre, kein böses Wort. Jeder ist gewillt, dem anderen zu helfen, Verständnis entgegenzubringen. Man merkt, dass ein Geist sie alle beseelt. Auch die Geschwisterlichkeit zwischen Männern und Frauen, Buben und Mädel, ist auch wichtig. Das ist selten geworden. Ja, vielleicht ist gerade der grosse Kreis schädlich, es darf nicht zu grossen Umfang annehmen.

Eberhard: Ich glaube, die letzte Einheit, die uns verbindet, können wir in einem Ausdruck finden, in dem wir zustimmen können, in dem Ausdruck des Zieles. Soweit ich es empfinde, sind wir völlig eins in dem Ziel für uns und für dich und für dich und für uns und für alle Wesenheiten im Kosmos, dass alles in Einheit zusammen kommen muss, alles in Frieden, Gerechtigkeit, organischer, schöpferischer Arbeit zusammenklingen muss.

Eugen (?): Wir sind alle Gottsucher, die den einen Weg gehen wollen.

- - -

Eberhard: Einheit, Frieden, Gerechtigkeit, Brüderlichkeit, gemeinsame schöpferische Arbeit in einem Geist der Ehrfurcht und der Freude, darin sind wir uns völlig einig. Und das finde ich schon sehr wesentlich. Dann geht es vielleicht noch weiter in dem Weg zum Ziel, wie es uns allen aufgeleuchtet ist. Der beste Weg ist, heute schon so zu leben, wie es diesem Ziel entspricht. Deshalb g bekennen wir, aus den Kräften einer zukünftigen Welt zu leben. Das zukünftige Ziel gibt uns die Kraft zum Leben.